PLÄ­DOY­ER FÜR EINE ANGST­FREIE KIR­CHE — Elf Gene­ral­vi­ka­re schrei­ben an Vor­sit­zen­den der Bischofskonferenz

Die begon­ne­ne Neu­for­mu­lie­rung des kirch­li­chen Arbeits­rechts soll bis zum Som­mer die­ses Jah­res abge­schlos­sen sein. Das for­dert Gene­ral­vi­kar Alfons Hardt gemein­sam mit zehn wei­te­ren Gene­ral­vi­ka­ren deut­scher (Erz-)Diözesen in einem Offe­nen Brief an den Vor­sit­zen­den der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz, den Lim­bur­ger Bischof Dr. Georg Bät­zing. Das gemein­sa­me Schrei­ben ist mit dem 12. Febru­ar datiert. Bereits am ver­gan­ge­nen Don­ners­tag hat­te Gene­ral­vi­kar Hardt sei­nen Stand­punkt bei einer öffent­li­chen Podi­ums­ver­an­stal­tung ver­tre­ten und sich für eine zügi­ge Bear­bei­tung der Grund­ord­nung des kirch­li­chen Diens­tes im Rah­men kirch­li­cher Arbeits­ver­hält­nis­se ausgesprochen.

Der Gene­ral­vi­kar des Erz­bi­schofs von Pader­born hat­te Anfang Febru­ar klar­ge­stellt, dass Mit­ar­bei­ten­de im Erz­bis­tum Pader­born nicht befürch­ten müs­sen, allein auf­grund eines Outings, der Ein­ge­hung einer ein­ge­tra­ge­nen Lebens­part­ner­schaft oder gleich­ge­schlecht­li­chen zivil­recht­li­chen Ehe gekün­digt zu wer­den. Über ein ver­än­der­tes Arbeits­recht hin­aus for­der­te Gene­ral­vi­kar Hardt ein neu­es „wert­schät­zen­des Grund­ver­ständ­nis“ für que­e­re Men­schen. Es brau­che „deut­li­che Zei­chen, dass Kir­che eine viel­fäl­tig aus­ge­stal­te­te Glau­bens­ge­mein­schaft ist, in der es kei­ne Dis­kri­mi­nie­rung geben darf“, hat­te er mehr­fach öffent­lich betont.

„Kul­tur der Angst“ beenden

Der gemein­sa­me Brief der ins­ge­samt elf Gene­ral­vi­ka­re jetzt ist nun ein sol­ches Zei­chen. Zudem schla­gen sie vor, ab sofort auf arbeits­recht­li­che Sank­tio­nen in Zusam­men­hang mit der per­sön­li­chen Lebens­füh­rung zu ver­zich­ten. So sol­le ein Zustand been­det wer­den, der für vie­le Mit­ar­bei­ten­de „belas­tend und ernied­ri­gend“ sei.

Die Gene­ral­vi­ka­re neh­men in ihrem Offe­nen Brief Bezug auf die Initia­ti­ve #OutIn­Church und auf die jüngs­te Syn­odal­voll­ver­samm­lung im Rah­men des Syn­oda­len Wegs. Bei­des hät­te dazu bei­getra­gen, das Schwei­gen zu den unzäh­li­gen Lei­dens­ge­schich­ten, die das kirch­li­che Arbeits­recht seit Jahr­zehn­ten her­vor­ru­fe, zu über­win­den. Gleich­wohl erleb­ten Mit­ar­bei­ten­de der Kir­che nach wie vor eine „‘Kul­tur der Angst‘, die belas­tet, ver­letzt, dis­kri­mi­niert und Men­schen psy­chisch oder phy­sisch krank wer­den lässt.“ Über die Mit­ar­bei­ten­den hin­aus, deren „sexu­el­le Iden­ti­tät von einer Hete­ro­nor­ma­ti­vi­tät abweicht“, sei­en zahl­rei­che Mit­ar­bei­ten­de betrof­fen, die nach einer Ehe­schei­dung eine neue stan­des­amt­li­che Ehe ein­ge­gan­gen sind oder in einer außer­ehe­li­chen Bezie­hung leben.

Rechts­si­cher­heit schaffen

Vor die­sem Hin­ter­grund beto­nen Gene­ral­vi­kar Hardt und sei­ne Amts­kol­le­gen: „Das Arbeits­recht darf kein Instru­ment sein, um eine kirch­li­che Sexu­al- und Bezie­hungs­mo­ral durch­zu­set­zen, die der­zeit ohne­hin zur Dis­kus­si­on steht und die kom­ple­xe Lebens­wirk­lich­keit von Men­schen außer Acht lässt. Unse­re Mit­ar­bei­ten­den müs­sen unse­re Kir­che als einen angst­frei­en Raum erle­ben und brau­chen eine voll­stän­di­ge Rechts­si­cher­heit, dass ihre Lehr­erlaub­nis und ihr Arbeits­platz nicht von ihrer sexu­el­len Ori­en­tie­rung und ihrem pri­va­ten Bezie­hungs­sta­tus abhängen.“

Gene­ral­vi­kar Hardt und sei­ne Amts­kol­le­gen äußern, dass ihnen bewusst ist, wie schwie­rig es in der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz bei vie­len Fra­gen ist, zu ein­ver­nehm­li­chen Ent­schei­dun­gen zu kom­men: „Des­halb emp­feh­len wir, dass alle Bischö­fe, die zu einer sol­chen Ände­rung des Kirch­li­chen  Arbeits­rech­tes bereit sind, gemein­sam und mutig die nöti­gen Refor­men für ihre Zustän­dig­keits­be­rei­che voranbringen.“

Neben Gene­ral­vi­kar Hardt haben den Offe­nen Brief die Gene­ral­vi­ka­re von Ber­lin, Essen, Ham­burg, Hil­des­heim, Lim­burg, Mag­de­burg, Müns­ter, Spey­er, Trier sowie vom Mili­tär­bi­schofs­amt unterzeichnet.

Brief der Gene­ral­vi­ka­re im Wordlaut