Mai 2024

Lie­be Gemein­de, 
ich muss geste­hen, dass ich die­se Sonn­ta­ge nach Ostern mag wegen der Lesun­gen aus der Apos­tel­ge­schich­te, die wir in die­sen Tagen hören: Die Erzäh­lun­gen von den Anfän­gen der Kir­che, unse­rer Kir­che.
Erzäh­lun­gen aus einer Zeit, in der noch nicht klar war, wie die­se Kir­che da denn aus­se­hen soll­te: Wer dazu­ge­hö­ren soll und wer nicht. 
Wer da was zu sagen hat und wie er dazu kommt. Da steht noch nichts fest. 
Und so bleibt es nicht aus, dass es dabei zu gro­ßen Pro­ble­men kommt, weil eben NEU­ES ent­steht. 
Und damit Neu­es mög­lich wird, muss natür­lich Altes wei­chen, bezie­hungs­wei­se es muss sich wenigs­tens ver­än­dern.
Und dann ste­hen natür­lich ganz schnell die auf dem Tablett, die „das nicht fas­sen kön­nen“ — so wie es eben hieß.
Im heu­ti­gen Abschnitt aus der Apos­tel­ge­schich­te haben wir genau so etwas gehört. Da kommt, wäh­rend Petrus redet, der Hl. Geist auf die Men­schen her­ab – und erfüllt alle. 
Aber, und das ist das Uner­war­te­te und Neue, der Hl. Geist kommt nicht nur auf die Juden her­ab, son­dern auch auf die Heiden.

Lie­be Schwes­tern und Brü­der, Hei­den, das waren Men­schen, mit denen ein from­mer Jude zur dama­li­gen Zeit nichts zu tun haben woll­te – und auch nichts zu tun haben durf­te. Das war den Juden ver­bo­ten.
Und jetzt emp­fan­gen die­se ver­ach­te­ten und gemie­de­nen Hei­den den glei­chen Hl. Geist wie auch die Juden.
Das ist so anders, so fremd und neu, dass es die gläu­big gewor­de­nen Juden gar nicht fas­sen kön­nen — und an ande­rer Stel­le lesen wir, dass sie das auch gar nicht wol­len.
Darf das denn so sein? Kann Gott so was machen? Kann Gott die in sei­ne neue Gemein­schaft mit hin­ein­neh­men, die sie selbst vor­her immer sehr bewusst aus­ge­schlos­sen hat­ten? 
Sie kön­nen es nicht fas­sen…..
Aber Petrus ist so von Got­tes Geist erfüllt, dass er zur Über­zeu­gung kommt: Doch! Wer den Hl. Geist emp­fan­gen hat, dem kön­nen und dem dür­fen sie die Tau­fe nicht ver­weh­ren, denn der gehört auch zur Gemein­de des auf­er­stan­de­nen Herrn — auch wenn er vor­her nicht Jude war, son­dern Heide.

Und so kann Petrus — in die­sem Hl. Geist-Gren­zen über­schrei­ten: reli­giö­se und tra­di­tio­nel­le. Ihm ist wohl klar gewor­den: Die Welt ist grö­ßer und wei­ter als er denkt, weil es doch Got­tes Welt ist. Und Gott sucht sich in jedem Volk sei­ne Gemein­de.
Die­sem Petrus wird klar: Gott will das. Und wenn Gott das will, dann darf er sich doch nicht dage­gen stel­len – nur weil es neu ist.
Und so kann das Chris­ten­tum sich aus­brei­ten – über Isra­el hin­aus, hin­ein in die Welt.
Weil Got­tes Geist sich nicht auf­hal­ten lässt. Gott lässt sich nicht ver­ein­nah­men und fest­hal­ten, nicht von Glau­bens- noch von Län­der­gren­zen, son­dern er schenkt sich allen –  allen die ER erwählt hat.

Lie­be Schwes­tern und Brü­der, eine wun­der­schö­ne Geschich­te – aber eine Geschich­te, die uns auch unru­hig machen muss, wenn wir auf unse­re Kir­che heu­te schau­en. 
Auf unse­re Kir­che, in der es im Moment auch wie­der so etwas gibt:
Die Fra­ge: Kann man sich öff­nen für Neu­es – oder muss man die Türen ver­schlos­sen hal­ten?
Wenn sich da die deut­schen Bischö­fe gegen eine Kan­di­da­tin bei den Pfand­fin­dern stellt, die anfra­gen hat, die kri­tisch am syn­oda­len Weg mit den Bischö­fen gerun­gen hat. Und die Bischö­fe jetzt ohne Erklä­rung der Wahl zur Bun­des­ku­ra­tin nicht zustim­men, da ist sie doch: Die­ses Unfass­ba­re, die­se Angst, dass Gott neue Wege geht. Aber auch Bischö­fe wer­den die­sen Gott nicht auf­hal­ten kön­nen.
Oder wenn sich unse­re Kir­che um Men­schen bemüht, deren Part­ner­schaft geschei­tert ist: dann wer­den auch gleich wie­der die laut, die so etwas nicht fas­sen kön­nen, – und sie bekla­gen gleich den Ver­lust aller Wer­te und die Auf­lö­sung von Sakra­men­ten – Wer­te und Sakra­men­te, die über­haupt nicht in Fra­ge gestellt wer­den. 
Oder wenn Men­schen glei­chen Geschlech­tes um Segen und Zuspruch bit­ten, dann sind sie immer da: die lau­ten, die es nicht fas­sen kön­nen, dass Gott allein Lie­be ist.
Und das lässt sich ja noch wei­ter fortsetzen.

Lie­be Gemein­de, natür­lich kann man so den­ken, wie die­se „Fas­sungs­lo­sen“ es tun.  Und dann hat man auch die Leh­re und die Tra­di­tio­nen der Kir­che auf sei­ner Sei­te.
Aber was ist, wenn Got­tes Geist die­se Kir­che mit den alten Leh­ren heu­te jedoch ver­än­dern will? Wenn er sie wei­ten und barm­her­zi­ger machen will? Dür­fen wir dem dann ent­ge­gen­ste­hen? 
Genügt es wirk­lich zu sagen: Frü­her war das aber so – und das muss so blei­ben? Das haben wir immer schon gemacht… wider dem hei­li­gen Geist.
Oder müs­sen wir nicht auch damit rech­nen, dass der Geist Got­tes doch auch heu­te noch leben­dig ist? Dass die Kir­che den Geist nach der Zeit der Apos­tel­ge­schich­te nicht in Ren­te geschickt hat, son­dern dass er immer noch in sei­ner Kir­che lebt und wirkt.
„Got­tes Geist lässt sich nicht zäh­men und nicht regu­lie­ren“
Und wenn die Kir­che dem Hl. Geist treu sein will, dann darf sie eben nicht ver­su­chen ihn trotz­dem zu zäh­men, son­dern dann muss sie ihm doch fol­gen — dort­hin, wohin er sie führt.

Schwes­tern und Brü­der, in unse­rem Cre­do beken­nen wir uns aus­drück­lich zu die­sem Hl. Geist. Und da ist nicht vom Still­stand die Rede, son­dern davon, dass er lebt und wirkt. 
Und da ist ja immer auch noch das Wort des Herrn, der und im heu­ti­gen Evan­ge­li­um sagt: „Passt auf: Nicht ihr habt mich erwählt, son­dern ich habe euch erwählt.“
Und ich habe euch dazu bestimmt, dass ihr euch auf­macht, dass ihr Euch in Bewe­gung setzt und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt.
Auch das soll­te uns unru­hig hal­ten. Der Herr hat uns erwählt. Uns alle, die wir heu­te mor­gen hier sind. Aber nicht nur uns, son­dern vie­le ande­re.
Und er erwählt auch heu­te immer noch Men­schen.
Und wie in der Apos­tel­ge­schich­te wird er auch heu­te mit Sicher­heit die erwäh­len, von denen wir „es nicht fas­sen kön­nen“ – weil wir uns nicht vor­stel­len kön­nen, dass „die“ auch zu ihm — und damit zu „Uns“ gehö­ren sollten. 

Lie­be Schwes­tern und Brü­der, denn es ist ja nun mal Sei­ne Kir­che – und nicht die Kir­che der Men­schen.
Und es ist immer noch ER, der wählt und erwählt  — und nicht wir.   
Und des­halb soll­ten wir ihm bei sei­nem Wir­ken nicht dau­ernd im Weg ste­hen, son­dern voll Ver­trau­en die alten Türen unse­rer Kir­che weit öffnen.

Chris­ti­an Schmidtke

Juni 2023

Was die nur alle gegen Fron­leich­nam haben? Also ich sehe das gern von mei­nem Bal­kon aus und ich habe schon pri­ma Fotos gemacht.

schreibt Lothar Zenet­ti in einem Gedicht. Wei­ter heißt es dort:

Alle Gläu­bi­gen sind herz­lich ein­ge­la­den sich an der Pro­zes­si­on zu betei­li­gen.
Engel Got­tes schwe­bet nie­der, kommt her ihr Krea­tu­ren all, den Anwei­sun­gen der Ord­ner ist Fol­ge zu leis­ten.
„… ich sehe das gern von mei­nem Bal­kon aus“ –

Ist Fron­leich­nam nur etwas für distan­zier­te Zuschauer?

„… den Anwei­sun­gen der Ord­ner ist Fol­ge zu leisten“ –

Ist Fron­leich­nam nur Folk­lo­re? Ist es zu einem Fest ohne Inhalt geraten?

„Fron­leich­nam“
der Begriff ist sper­rig – und miss­ver­ständ­lich oben­drein. Das Fest hat weder mit Fron­ar­beit zu tun, noch mit einer Lei­che. Im Mit­tel­al­ter, als das Fest ent­stand, hat­ten die­se Wör­ter eine ganz ande­re Bedeu­tung. „Fron“ bedeu­tet „Herr“. „Leich­nam“ kommt von „Lich­nam“ und bezeich­ne­te damals nicht einen toten Kör­per, son­dern den leben­di­gen Leib. Fron­leich­nam meint also den „leben­di­gen Leib des Herrn“.
Die bibli­schen Lesun­gen heu­te set­zen uns auf die Spur, was damit gemeint ist. Die Jün­ger sit­zen – wie so oft – mit Jesus zu einem Mahl zusam­men. Der Ablauf war ihnen geläu­fig. Doch dies­mal ist etwas anders, ganz anders: Jesus nimmt das Brot und deu­tet es auf sich selbst hin: „Ich bin wie Brot, das gebro­chen und an alle ver­teilt wird.“ Und über den Wein sagt er: „Ich bin wie Wein, der gekel­tert und von allen getrun­ken wird.“ Jesus ver­schenkt sich an die Men­schen – mit Leib und See­le, mit sei­nem gan­zen Leben. Das bedeu­tet es, wenn wir sagen: „Leib und Blut Chris­ti“. Das ist es auch, was der Apos­tel Pau­lus an sei­ne Gemein­de wei­ter­gibt.
Was im Abend­mahls­saal an einem Don­ners­tag beginnt, wird neun Wochen spä­ter, eben­falls an einem Don­ners­tag, erneut auf­ge­grif­fen. Damit knüpft Fron­leich­nam an die Ein­set­zung der Eucha­ris­tie am Grün­don­ners­tag an und trägt die­sen Inhalt buch­stäb­lich nach drau­ßen.
„Fron­leich­nam –leben­di­ger Leib des Herrn.“ Die­ses Fest drückt den Glau­ben und die aus: Jesus Chris­tus ist leben­dig in unse­rer Mit­te. Wir sind auf unse­rem Weg als Volk Got­tes, als Kir­che und Gemein­de nicht allein. ER ist bei uns. ER geht mit: „Sein wan­dernd Volk will lei­ten der Herr in die­ser Zeit.“ Ganz bewusst hat das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil die­ses Bild vom pil­gern­den Got­tes­volk in sei­ne Aus­sa­gen über die Kir­che auf­ge­nom­men.
„Leben­di­ger Leib des Herrn“ – Womit wir da in unse­rem Leben als glau­ben­de Men­schen unter­wegs sind, ist äußer­lich betrach­tet wenig, fast nichts: ein Stück­chen Brot.
Aber die­ses klei­ne Stück Brot bedeu­tet uns viel, so viel, dass es uns zum Hei­ligs­ten wird, zum Aller-Hei­ligs­ten.
Womit wir die­ses Brot wäh­rend der Pro­zes­si­on tra­gen, mit der Mons­tranz, ist äußer­lich betrach­tet sehr wert­voll. Doch die ver­gol­de­te Mons­tranz ord­net sich ganz ihrer Auf­ga­be unter, nichts ande­res zu sein als ein Schau­ge­fäß für das, was uns am Hei­ligs­ten ist.
„Leben­di­ger Leib des Herrn“ – Damit sind nicht nur die eucha­ris­ti­schen Gaben gemeint. Der Leib Chris­ti sind wir alle. Leib Chris­ti ist jeder getauf­te (und gefirm­te) Mensch. Die­ser Leib ist ein leben­di­ger Orga­nis­mus: Über­all dort, wo wir Gemein­schaft bil­den und unse­re Ver­schie­den­heit aus­hal­ten. Wo wir zu unter­schied­lichs­ten Anläs­sen in Jesu Namen zusam­men­kom­men. Wo Men­schen her­aus­tre­ten aus ihrem Allein­sein und gese­hen wer­den. Wo wir Glau­ben und Hoff­nung mit­ein­an­der tei­len. Wo Gemein­schaft und Gemein­de ent­steht. Wo wir unse­ren Glau­ben wei­ter­tra­gen im Bewusst­sein: wir haben unse­rer Stadt und den Men­schen um und nach uns eine fro­he Bot­schaft zu sagen.
„Leben­di­ger Leib des Herrn“ – Das erle­ben wir immer dann, wenn wir den Glau­ben fei­ern: in der Schlicht­heit der klei­nen ste­ti­gen Werk­tag­ge­mein­de, in der Regel­mä­ßig­keit des Sonn­tags oder in aller lit­ur­gi­schen Pracht­ent­fal­tung zu den Hoch­fes­ten des Jah­res.
Zur Eucha­ris­tie ver­sam­meln sich heu­te nicht mehr die Mas­sen. Vie­le Got­tes­diens­te sind ziem­lich über­schau­bar gewor­den. In einer Kir­che,
die die Eucha­ris­tie „Quel­le und Gip­fel“ allen Lebens nennt, ist das eine deut­li­che Anfra­ge an die geist­li­che Anbin­dung der Gläu­bi­gen an die­ses Sakra­ment und an die Gemein­de. Letzt­lich hängt es auch von den Ein­zel­nen ab, ob und wie es mit dem Glau­ben und der Kir­che wei­ter­geht.
Eine Kir­che, die die Eucha­ris­tie so wert­schätzt, hat aber auch dafür zu sor­gen, dass genü­gend Men­schen da sind, die ihr vor­ste­hen kön­nen. Seit Jahr­zehn­ten blickt die Kir­che wie in einer Schock­star­re auf den gras­sie­ren­den Pries­ter­man­gel. Sie ist ent­we­der nicht in der Lage oder nicht wil­lens, die Bedin­gun­gen für das Pries­ter­amt so zu set­zen, dass genü­gend Men­schen dafür zur Ver­fü­gung ste­hen. Fak­tisch wird die Eucha­ris­tie auf dem Tisch des Zöli­bats geop­fert. Die­se Wer­te­ver­schie­bung ist mehr als dra­ma­tisch –und theo­lo­gisch fahr­läs­sig oben­drein.
„Leben­di­ger Leib des Herrn“ – In beson­de­rer Wei­se ste­hen hier die Men­schen im Fokus, die auch Jesus im Blick hat­te. „Sei­ne Lie­be galt den Armen und Kran­ken, den Aus­ge­sto­ße­nen und Sün­dern. An kei­ner Not ging er vor­über“, heißt es in einem unse­rer Hoch­ge­be­te. Eucha­ris­tie fei­ern hat deut­lich eine sozia­le Dimen­si­on. Ein Theo­lo­ge schreibt dazu:
“Willst du den Leib des Herrn ehren? … Ehre ihn nicht hier im Hei­lig­tum mit Sei­den­stof­fen, um ihn dann drau­ßen zu ver­nach­läs­si­gen, wo er Käl­te und Nackt­heit erlei­det. Jener, der gesagt hat: ‚Dies ist mein Leib“, ist der glei­che, der gesagt hat: ‚… Was ihr dem gerings­ten mei­ner Brü­der (und Schwes­tern) getan habt, das habt ihr mir getan’ (…) Was nützt es, wenn der eucha­ris­ti­sche Tisch über­reich mit gol­de­nen Kel­chen bedeckt ist, wäh­rend er Hun­ger lei­det? Begin­ne damit, den Hung­ri­gen zu sät­ti­gen, dann ver­zie­re den Altar mit dem, was übrig bleibt.“
Eine deut­li­che und kult­kri­ti­sche Mah­nung, sich nicht in from­men Übun­gen zu genü­gen und dar­über die Not des Nächs­ten zu ver­ges­sen. Der dies geschrie­ben hat, stammt bereits aus dem vier­ten Jahr­hun­dert nach Chris­tus und heißt Johan­nes Chry­sosto­mus.
„Leben­di­ger Leib des Herrn“ – Die Evan­ge­li­en und Besin­nungs­tex­te zur Fron­leich­nams­pro­zes­si­on neh­men genau das in den Blick: Men­schen, die der Zuwen­dung Jesu beson­ders bedür­fen. Men­schen, die nicht recht ins Leben fin­den, die von der Last des Lebens gebeugt sind, die blind durchs Leben gehen müs­sen. Men­schen, die auch heu­te auf unse­re Nähe und Hil­fe war­ten.
„Leben­di­ger Leib des Herrn“ – Wir sind gefragt: nicht Zuschau­er sein, son­dern mit­mi­schen. Nicht distan­ziert blei­ben, son­dern es an uns her­an­las­sen. Nicht Brauch­tums­pfle­ge betrei­ben, son­dern eine leben­di­ge Tra­di­ti­on leben. Jesus Chris­tus selbst ruft und stärkt uns dazu.

Chris­ti­an Schmidtke

Sep­tem­ber 2022

Wir erle­ben den Zusam­men­bruch einer zäh­len­den Kir­che:
Sie hat immer weni­ger Men­schen in ihren Got­tes­diens­ten
zu zäh­len und sie zählt immer weni­ger im Leben von Men­schen.
Nüch­tern betrach­tet sind es Klä­rungs­pro­zes­se.
Man­che sagen: Geburts­we­hen.
Sind wir am Beginn oder am Ende der Schwan­ger­schaft?
Kommt zur Welt,
was jahr­zehn­te­lang ein Leben vor sich hat
oder sind die Zeit­räu­me viel schnell­le­bi­ger gewor­den?
Ich kann die Fra­gen nicht beant­wor­ten.
Ich kann nur sagen, was für mich zählt, wor­auf ich baue.
(Und den­ke mir: Wir brau­chen Sozi­al­ge­stal­ten von Kir­che,
die zu unse­ren Glau­bens- und Lebens­be­kennt­nis­sen
pas­sen und nicht Bekennt­nis­se,
die zur jet­zi­gen Sozi­al­ge­stalt von Kir­che passen.)

Ich glau­be, weil das, was wir leben und erle­ben,
nicht alles ist.
Ich glau­be, weil es so vie­le Men­schen gibt,
mit denen es Natur und Leben nicht gut meint.
Ich glau­be, dass es eine ewi­ge Blei­be
für das gelun­ge­ne Mensch­li­che und Gute gibt.
Ich glau­be den als Gott, dem mensch­li­ches Leid
zu Her­zen geht.
Ich glau­be den als Gott, der Mäch­ti­ge vom Thron stürzt
und Nied­ri­ge erhöht.
Ich glau­be den als Gott, der Wun­den ver­bin­det
und Lie­be ist.
Ohne Jesus wür­de mir jemand feh­len, der die Armen,
die Hun­gern­den, die Kran­ken, die Aus­grenz­ten
in die Mit­te rückt.
Ohne Jesus wür­de mir jemand feh­len,
der Ver­söh­nung lebt
und die übli­chen Kreis­läu­fe des Bösen durch­bricht.
Ohne Jesus wür­de mir jemand feh­len,
der Gott ein mensch­li­ches Gesicht gibt.
Ich glau­be die Kraft des Hl. Geis­tes bewirkt,
dass Men­schen unei­gen­nüt­zig sind.
Ich glau­be die Kraft des Hl. Geis­tes bewirkt,
dass Men­schen nicht bekom­men, was sie ver­die­nen,
son­dern was sie bedür­fen.
Ich glau­be die Kraft des Hl. Geis­tes bewirkt,
dass wir immer mehr zu Men­schen werden.

Bernd Mön­ke­bü­scher

Ostern 2022

Reicht es? Reicht, was wir tun?
Ist es genug, was Eltern ihren Kin­dern mit­ge­ben?
Ist es genug, was wir als Getauf­te an Zuver­sicht in die Welt brin­gen?
Reicht es, was wir mit­ein­an­der tei­len, was wir machen, damit die Welt gerech­ter wird?
Ist es genug, was wir ver­su­chen, damit das Leben mensch­li­cher wird?
Ist es genug, was wir an Glau­ben, Hoff­nung und Lie­be in uns haben?
Nein, es reicht nicht! Immer gibt es ein zu wenig, immer ist es unzu­rei­chend, was wir tun.
Nach mensch­li­chem Ermes­sen ist es nie genug.
Aber geht wirk­lich immer noch was?
Die­sen Fra­gen kann sich nie­mand von uns ent­zie­hen,
wohl wis­send, dass wir Gren­zen haben,
wohl wis­send, dass es oft nur Bruch­stü­cke sind, die wir geben.
Jesus bricht das Brot.
Er ver­teilt Bruch­stü­cke – und setzt damit ein Zei­chen.
Etwas ist dir in die Hand gelegt – nicht alles.
Etwas kannst du tun – nicht alles.
Eine Aner­ken­nung der Unvoll­kom­men­heit.
Die vie­len Bruch­stü­cke, die vie­len Tei­le machen das Gan­ze.
„Ein Leib, vie­le Glie­der“, sagt Pau­lus spä­ter.
Das ist die Logik, die wir ken­nen: Der eine ergänzt die ande­re, das Gan­ze besteht aus vie­len Ein­zel­tei­len, die in sich ihre begrenz­te Funk­ti­on haben.
Jesus bricht das Brot.
Er greift die­se Sicht­wei­se auf –
und fügt doch etwas – nicht Unwe­sent­li­ches – hin­zu.
Das ist mein Leib – ist sein Wort über das gebro­che­ne Brot:
Im Gebro­che­nen ist doch das Gan­ze.
Im zer­bre­chen­den Leib und Leben Jesu leuch­tet Ostern auf.
Die­ses Wort geht über alle Greif- und Begreif­bar­keit hin­aus:
Dar­an kann man nur glau­ben.
Denn die­ses Wort gilt nicht nur dem gebro­che­nen Brot,
es gilt all unse­rem bruch­stück­haf­ten Tun.
In den gebro­che­nen Men­schen, den nie genü­gen­den, Petrus, Johan­nes, Andre­as, Maria und Johan­na und wie sie alle hei­ßen leuch­tet der gan­ze Chris­tus auf,
ist in ihnen gegen­wär­tig und wirk­sam.
In dem nie Genü­gen­den, das wir ver­su­chen, ist mehr:
Kin­der ahnen in dem begrenz­ten Tun der Eltern doch,
was voll­kom­me­ne Lie­be heißt;
wenn unse­re gläu­bi­ge Zuver­sicht viel zu gering ist,
ist in ihr doch die gan­ze Kraft des Glau­bens erkenn­bar;
und wenn das Gute, was Men­schen tun, zu wenig bleibt,
ist doch das Gute an sich dar­in ent­hal­ten.
Im Teil ist das Gan­ze:
Das gan­ze Leben ist im Bruch­teil einer Sekun­de,
die gan­ze Lie­be in einer ein­zel­nen Tat,
der gro­ße Wurf in einem klei­nen Schritt.
Jesus bricht das Brot – und es wird reichen!

Bernd Mön­ke­bü­scher

#mein­gottliebtjeden­men­schen

Wir sind nicht Herr über die Lie­be,
aber stark und schön ist es, wo die Lie­be den Ton angibt,
wenn Men­schen ihr Reso­nanz­kör­per sind, ihre Musik spielen.

Lie­be bedeu­tet Über­win­dung der Furcht.
Wer liebt, hört auf zu fra­gen: was den­ken die ande­ren wohl?
Wie vie­le groß­ar­ti­ge Lie­bes­ge­schich­ten
sind nicht zur Auf­füh­rung gekom­men, nicht gelebt wor­den,
weil lan­ge Zeit etwa eine unter­schied­li­che Kon­fes­si­on,
eine unter­schied­li­che Reli­gi­on, ein unter­schied­li­cher Stand
im Weg zu ste­hen schien.
Wie vie­le groß­ar­ti­ge Lie­bes­ge­schich­ten sind nicht gelebt wor­den,
weil die Unter­schied­lich­keit im Geschlecht fehl­te
oder wo eine zuvor geschlos­se­ne Ehe zum Gefäng­nis gewor­den ist.

Lie­be, die sich nicht zei­gen darf, die nicht ins Leben kommt,
ver­küm­mert und geht ein.
Statt­des­sen wach­sen Här­te und Furcht.

„Die voll­kom­me­ne Lie­be ver­treibt die Furcht.“ (1 Joh 4,18)
Furcht und Lie­be sind Kon­kur­ren­ten, Geg­ne­rin­nen:
die Furcht schließt ein, die Lie­be öff­net;
die Furcht ver­sklavt, die Lie­be befreit;
die Furcht demü­tigt und unter­drückt,
die Lie­be ermu­tigt und lässt das Haupt erheben.

Lie­ben­de Men­schen bewir­ken etwas;
sie las­sen ande­re teil­neh­men an ihrem Glück:
Hoch­zei­ten wer­den groß gefeiert.

Und Lie­be ist eine revo­lu­tio­nä­re Kraft,
an wem könn­ten wir – als Chris­ten – es bes­ser erken­nen als an Jesus,
des­sen Lie­be die Kraft hat, Mäch­ti­ge vom Thron zu stür­zen,
Nied­ri­ge zu erhöhen.

Lasst die Lie­be leben, auch wenn sie furcht­bar ver­letz­lich macht.
Sie ist ein Segen des Himmels.

Bernd Mön­ke­bü­scher

Öku­me­ni­sches Gebet in Zei­ten der Corona-Krise

Gott!
In Zei­ten von Ver­un­si­che­rung und Krank­heit kom­men wir gemein­sam zu Dir und wer­fen alle unse­re Sor­gen auf Dich.
Du schenkst uns neue Zuver­sicht, wenn uns Miss­trau­en und Unsi­cher­heit über­wäl­ti­gen.
Du bleibst uns nahe, auch wenn wir Abstand von­ein­an­der hal­ten müs­sen.
Wir sind bei dir gebor­gen, selbst wenn wir den Halt zu ver­lie­ren drohen.

Wir bit­ten dich:
für alle Men­schen, die sich mit dem Coro­na-Virus ange­steckt haben und erkrankt sind;
für alle Ange­hö­ri­gen, die in tie­fer Sor­ge sind;
für alle Ver­stor­be­nen und für die, die um sie trau­ern;
für alle, die Angst um ihren Arbeits­platz haben und um ihre Exis­tenz fürch­ten. Sei ihnen allen nahe, gib ihnen neue Hoff­nung und Zuver­sicht,
den Ver­stor­be­nen aber schen­ke das Leben in dei­ner Fülle.

Wir bit­ten dich:
für alle Ärz­tin­nen und Ärz­te, für alle Pfle­gen­den in den Kli­ni­ken, Hei­men und Hos­pi­zen;
für alle, die Ver­ant­wor­tung tra­gen in Staat, Gesell­schaft und Wirt­schaft; für alle, die uns Tag für Tag mit dem Lebens­not­wen­di­gen ver­sor­gen;
für alle Seel­sor­ge­rin­nen und Seel­sor­ger, die den Men­schen Got­tes Fro­he Bot­schaft zusa­gen.
Sei auch ihnen nahe und schen­ke ihnen Kraft, Mut und Zuversicht.

Wir bit­ten dich:
für die jun­gen Men­schen unter uns, die Kin­der und Jugend­li­chen,
für alle, die um ihre Zukunft fürch­ten,
für die Fami­li­en, die die erzwun­ge­ne Nähe nicht gewohnt sind,
für alle, die die Betreu­ung von Kin­dern und Jugend­li­chen über­nom­men haben.
Sei ihnen allen nahe, schen­ke ihnen Geduld und Weit­sicht, Ver­ständ­nis und Hoffnung.

Wir bit­ten dich:
für die Men­schen welt­weit, deren Gesund­heit an jedem Tag gefähr­det ist,
für alle, die kei­ne medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung in Anspruch neh­men kön­nen,
für die Men­schen in den Län­dern, die noch stär­ker von der Krank­heit betrof­fen sind.
Sei ihnen allen nahe und schen­ke ihnen Hei­lung, Trost und Zuversicht.

Auch bit­ten wir dich für uns selbst:
Lass uns trotz aller Sor­gen den Blick für die ande­ren nicht ver­lie­ren und ihnen bei­ste­hen.
Mache uns bereit, Ein­schrän­kun­gen in Kauf zu neh­men und lass uns dazu bei­tra­gen, dass ande­re Men­schen nicht gefähr­det wer­den.
Erhal­te in uns die Hoff­nung auf dich, unse­ren Gott, der uns trös­tet wie eine lie­ben­de Mut­ter und der sich aller annimmt.

Dir ver­trau­en wir uns an.
Dich loben und prei­sen wir, heu­te und alle Tage unse­res Lebens bis in Ewigkeit.